The Daily: Rupert Murdochs Experiment unter Kritik und neidischer Beobachtung

Rupert Murdoch hat sich in unbekannte Gewässer vorgewagt. Der steinalte Mediengigant ist der erste Herausgeber einer Tageszeitung, die ausschließlich digital und für das iPad erscheint. Ein kostspieliges Novum, ein gewagtes Experiment und ein Blickfang für die Verleger rund um den Globus, die jetzt gespannt die Entwicklung von “The Daily” beobachten.

Josef Trappel, Kommunikationswissenschaftler der Universität Salzburg, hat unlängst im Standard einen Kommentar dazu verfasst. Seiner Ansicht nach untergräbt das neue Projekt von Murdoch “die publizistische Souveränität”. Denn er ist eine gefährliche Allianz eingegangen – nämlich eine mit Apple. Diese Kooperation hat natürlich auch Nachteile, auf die sich Trappel selbstredend festbeißt.

Die “Machtdistanz” zu Jobs’ Unternehmen ist nicht gegeben; “Apple ist ein Machtzentrum in der digitalen Welt”, so Trappel. Die Wettbewerbsfreiheit wird weiter eingeschränkt, weil sich Apple als einziger möglicher Vertriebspartner etabliert. Die publizistische Unabhängigkeit sieht der Wissenschaftler ebenso gefährdet wie die Tradition, dass Medien unter sich Kooperationen eingehen, um schwierige Probleme zu lösen (siehe das Genossenschaftsunternehmen APA).

Und Trappel hat mit all diesen Argumenten vollkommen recht. Neben der Richtigkeit seiner Analyse ist es auch sehr erfreulich, dass die hiesige Kommunikationswissenschaft wieder ein vitales Lebenszeichen von sich gibt. Dennoch darf eines nicht vergessen werden: Rupert Murdoch macht etwas, dem alle mit Spannung entgegenfiebern. Die nicht so gut betuchten Verleger schauen dem Werken und Wirken des Schwerreichen zu und hoffen, von ihm lernen zu können; gleichzeitig verteufeln sie ihn.

Ein wenig Scheinheiligkeit ist da schon zu spüren. Nichtsdestotrotz ist das Vorpreschen in neue Gebiete nicht immer ein Fortschritt für die Menschheit. Es kann auch schief gehen, es kann auch Apple als Megamonster-Big-Brother-Unternehmen festigen. Jedoch, so schreibt der Wissenschaftler: “Das Experiment kostet Geld.” Kaum jemand in der Branche hat nach der Krise noch welches. Murdoch schon. Also muss man wohl damit leben.